Gruseln Sie sich vor „Haben Sie gut hergefunden?“ und „Wie war Ihr Tag bisher? Dann sind Sie nicht allein. Schätzungen zufolge würden sich 30 bis 50 Prozent der Menschen in Deutschland als eher introvertiert bezeichnen. Smalltalk und soziale Interaktionen? So wenig wie möglich, bitte. Im Recruiting gehört das aber zum Alltag. Introvertiert sein als Recruiter·in – funktioniert das überhaupt?
Dieser Beitrag ist ursprünglich im HIRE Magazin von XING erschienen.
Inhalt
Über Chris Sommer
Chris Sommer ist Comedy-Autor. Zusammen mit Giulia Becker produziert er den Podcast „Drinnies“, bei dem sie aus ihrer Komfortzone berichten. Zuhause fühlt sich Chris am wohlsten und verrät, wie es sich als introvertierte Person leben und arbeiten lässt. Im Interview spricht er darüber, warum Personaler·innen auch dann einen guten Job machen können, wenn sie keine Rampensäue sind.
So ticken “Drinnies”
Chris, wie ticken eigentlich introvertierte Menschen oder, wie ihr in eurem Podcast sagen würdet, „Drinnies“?
Eines der Hauptmerkmale von introvertierten Personen ist, dass sie ihre Batterien eher im Stillen aufladen und nicht in der Umgebung von ganz vielen Leuten.
Schätzungen zufolge würden sich 30 bis 50 Prozent der Menschen in Deutschland als eher introvertiert bezeichnen. Sind Drinnies in eher extrovertierten Jobs wie der HR-Branche überhaupt „überlebensfähig“?
In unserer Gesellschaft sind extrovertierte Charaktere oft noch das Nonplusultra – aus sich rausgehen, laut sein und vorpreschen heißt, dass man aktiv ist. Introversion oder Stillarbeit hingegen wird negativ gelabelt. Ich glaube aber, dass das kein Widerspruch ist, um Recruiter·in zu werden. In dem Job geht es vor allem um Empathie. Und davon ist bei Drinnies meist viel vorhanden.
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Nur weil man introvertiert ist, heißt es aber nicht, dass man keine Menschen mag.
Gerne mit Menschen zusammenzuarbeiten, sie kennenzulernen und trotzdem introvertiert sein, das ist für mich kein Widerspruch. Es heißt manchmal nur, dass man in dem Ausmaß nicht so viele neue Menschen kennenlernen kann wie ein eher extrovertierter Charakter. Für mich geht es da immer um die Frage, wie man seinen eigenen Energiehaushalt handhabt.
Introvertiert im Personalbereich
Um die Menschen kommt man bei Human Resources schwer herum. Vor welchen Challenges stehen Drinnies in solchen Jobs?
Die größte Challenge für mich ist, auf andere Leute zuzugehen und mich dann aber nicht schnell genug wieder von ihnen „erholen“ zu können. Ich also nicht einfach sagen kann: Heute möchte ich mal keinen Menschenkontakt. Früher habe ich Saxofon-Unterricht gegeben. Da hatte ich jeden Tag mit Kindern zu tun. Das ging schon in Ordnung, aber ich musste lernen, meine Kraft richtig einzuteilen.
Wie hast Du das geschafft?
Die Arbeit hat mich gelehrt, mich selbst besser kennenzulernen, aber auch anderen mehr Raum zu lassen. Die Schüler·innen hatten viel Freude daran, wenn sie einfach mal ein bisschen machen konnten. Das geht im Bewerbungsgespräch ja auch gut: die Bewerber·in kennenlernen, indem man sie ausführlich reden lässt und an den wichtigen Stellen einhakt.
Wieso suchen sich introvertierte Personen trotzdem extrovertierte Jobs aus?
Es gibt viele Introvertierte, die täglich Menschenkontakt haben. Egal, ob in der Funktion als Recruiter·in oder in anderen Bereichen. Das ist oft so lange okay, bis es um ihre Freizeit geht. Dann haben solche Personen oftmals nach der Arbeit nicht mehr die Kraft, das Paket für den Nachbarn anzunehmen. Manchmal ist es dann einfach eine Sache zu viel.
Intro- & extrovertiert – die Mischung macht’s
Stell Dir vor, Du darfst für ein Unternehmen Positionen besetzten. Stellst Du eher intro- oder extrovertierte Menschen ein?
Die Mischung macht‘s wirklich aus. Ich weiß nicht, ob es so gut funktionieren würde, wenn ich nur introvertierte oder nur extrovertierte Charaktere auswählen dürfte… (lacht) Ich komme in meinem Beruf als Comedy-Autor manchmal in die Situation, ein Autor·innen-Team zusammenzustellen. Für mich kommt es vor allem darauf an, dass die Person mit mir auf einer Wellenlänge ist. Egal, ob intro- oder extrovertiert. Für die Zusammenarbeit kommt es dabei vor allem darauf an, dass Menschen einander genügend Raum geben können.
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Was können wir uns alle von introvertierten Menschen abschauen?
Grenzen zu setzen. Das ist ohnehin ein großes Thema. Auch extrovertierte Menschen haben mal Momente, wo ihnen alles etwas zu viel ist. Andere müssen diese Grenzen wiederum akzeptieren. Das ist ein großer Kompromiss im Arbeitsalltag.