Mit voller Wucht hat Corona in Deutschland erneut zugeschlagen. Erlebten wir in den Sommermonaten in vielen Bereichen einen Aufschwung, wird das öffentliche Leben jetzt wieder zurückgefahren. Wie sich diese Entwicklung auf den Arbeitsmarkt auswirkt, ist schwer zu sagen. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, geht davon aus, dass der aktuelle Lockdown voraussichtlich nicht zu einem Einbruch des Arbeitsmarkts führen wird, wenn dieser bei vier Wochen bleibt. Wir sprachen mit Sven Samson vom Personaldienstleister und -vermittler Robert Half über das aktuelle Marktgeschehen, welche Branchen weiterhin rekrutieren und wie sich Bewerber in diesen besonderen Zeiten verhalten.
Hallo Sven, magst Du Dich kurz unseren Lesern vorstellen? Was ist Deine Aufgabe bei Robert Half?
Sven Samson: Mein Name ist Sven Samson, ich bin 43 Jahre alt und seit 13 Jahren bei Robert Half in verschiedenen Funktionen tätig. Seit drei Jahren bin ich Director Talent Acquisition & Staff Development. Neben dem internen Recruiting und Employer Branding bin ich für den kompletten Bereich Learning & Development für die DACH-Region bei Robert Half zuständig.
In ganz Deutschland steigen die Corona-Fälle leider wieder stark an nachdem sie über die Sommermonate zurückgegangen waren. Wir befanden uns bereits im sogenannten „New Normal“ und nun wird vieles wieder heruntergefahren. Wie macht sich das in Eurem Alltagsgeschäft bemerkbar?
Sven Samson: Wir befanden uns nach dem ersten Lockdown bereits wieder im Aufschwung. Aber in den vergangenen beiden Wochen, seitdem schon alles auf einen weiteren Lockdown hingedeutet hat, sehen wir ganz klar, dass Firmen die Entscheidungen zu Einstellungen oder bevorstehenden Projekten verschieben.
Wir lassen seit Beginn der Covid-19-Pandemie unseren Mitarbeiter die Wahl, ob sie von zu Hause aus arbeiten oder ins Office gehen möchten. Nachdem sich die Büros in den letzten Wochen zunehmend gefüllt haben, geht der Trend nun wieder deutlich zurück ins Home-Office.
Gibt es denn Bereiche, die trotz der widrigen Verhältnisse auf einem konstanten Niveau weiter rekrutieren, weniger betroffen sind bzw. gar „Krisengewinner“ sind?
Sven Samson: Es gibt sicherlich einige Gewinner dieser Krise und es gibt auch weiterhin genügend Branchen, die aktuell boomen und auch kräftig Mitarbeiter einstellen. Gute Beispiele sind hier die Logistik, IT und Telekommunikation, Versicherungen, die Pharma- sowie die komplette Gesundheitsbranche.
Wir gehen davon aus, dass mit dem nächsten Lockdown die Geschäftstätigkeiten dennoch nicht so stark eingeschränkt werden wie im Frühjahr. Die meisten Firmen und Branchen haben sich auf die neuen Gegebenheiten eingestellt und aus den Erfahrungen von Anfang des Jahres gelernt. Sie sind entsprechend besser vorbereitet. Nichtsdestotrotz bleibt eine gewisse Unsicherheit, die, wie eingangs bereits erwähnt, die ein oder andere Entscheidung beeinflussen wird.
Die Unternehmen sind das eine, aber wie verhalten sich Bewerber derzeit? Sind diese aufgrund der unsicheren Marktlage eher zurückhaltend und scheuen sich vor einem Arbeitgeberwechsel?
Sven Samson: Wir stellen fest, dass Kandidaten in den vergangenen beiden Wochen mit jedem Tag zögerlicher geworden sind. Sie verschieben einen möglichen Jobwechsel. Sicherheit steht hier im Vordergrund. Nur sehr wenige Kandidaten wagen den Schritt ins Ungewisse aus einer ungekündigten Stelle heraus. Kandidaten wägen Chancen und Risiken noch mehr als früher ab. Themen wie finanzielle Stabilität, Flexibilität und technische Innovationen, für das New Work steht, rücken mehr denn je in den Vordergrund und sind die Treiber für die Entscheidung zu einem Arbeitsplatzwechsel.