Der Großteil der deutschen Arbeitnehmer·innen ist den sogenannten Blue-Collar Arbeiter·innen zuzuordnen. Aber was ist unter diesem Begriff zu verstehen? Und wie können Blue-Collar von White-Collar-Beschäftigten abgegrenzt werden? Antworten auf diese Fragen sowie Tipps zum Recruiting dieser Berufsgruppen finden Sie in diesem Glossar-Eintrag.
Inhalt
Definition: Blue Collar
Unter Blue Collar sind jene Arbeitnehmer·innen zu verstehen, die überwiegend körperliche Arbeit abseits des Schreibtisches verrichten. Beschäftigte in Blue-Collar-Berufen setzen also überwiegend ihren Körper bzw. ihre Hände ein, um ihre tägliche Arbeit zu verrichten. Blue-Collar-Mitarbeitende findet man demnach überall: in Produktionsbetrieben, auf Baustellen, in Restaurants, in der Pflege oder im Handwerk. Nicht einzugrenzen sind Blue-Collar-Mitarbeitende über das Qualifikationsniveau: Demnach können diese Berufstätigen sowohl qualifiziert und ausgebildet als auch unqualifiziert und ohne Ausbildung sein.
Was bedeutet Blue Collar auf Deutsch?
Der Begriff Blue Collar leitet sich vom englischen Begriff blauer Kragen (englisch – Collar = Kragen) ab. Damit verweist Blue Collar grundsätzlich auf den blauen Overall, den Blaumann, der für körperliche Beschäftigungen als typische Arbeitskleidung galt.
Blue Collar als Begriff hat dementsprechend historische Wurzeln, da in Tätigkeiten, in denen die Arbeitskleidung schmutzig werden konnte – wie etwa im Fabrikumfeld -, der blaue Overall weit verbreitet war. Heute umfasst der Begriff jedoch ein deutlich weiteres Spektrum an Berufen als lediglich jene, die in ihrer Beschäftigung auf blaue Arbeitskleidung zurückgreifen.
Abgrenzung: Blue Collar White Collar
Am verbreitetsten ist mit Blick auf den Begriff Blue Collar die Unterscheidung zu White-Collar-Berufsgruppen. Während Blue Collar also auf überwiegend körperliche Tätigkeiten verweist, sind unter White-Collar-Berufen all jene Tätigkeiten zu verstehen, die vorrangig im Büro-Umfeld bzw. am Schreibtisch stattfinden.
Auch der Begriff White Collar leitet sich aus dem Englischen ab, hier wird auf den weißen Kragen verwiesen, der charakteristisch für das Hemd, also die Büro- und Geschäftskleidung, ist. In einer detaillierten Unterscheidung wird oftmals zusätzlich von Pink- und Grey-Collar-Berufen gesprochen – dieser Glossar-Eintrag setzt jedoch auf ein umfassendes Begriffsverständnis von Blue Collar, das diverseste Berufsgruppen inkludiert.
Blue Collar Berufsgruppen
Der Begriff Blue Collar deckt also eine Vielzahl an Berufen und Positionen ab. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht einiger wesentlicher Berufsgruppen, die im Blue-Collar-Bereich anzusiedeln sind:
- Handwerker·innen (Tischler·innen, Schreiner·innen etc.)
- Fabrik-Mitarbeiter·innen (Produktionsmitarbeitende in diversen Bereichen)
- Logistik-Mitarbeiter·innen (LWK-Fahrer·innen, Lager-Mitarbeitende, Lieferant·innen etc.)
- Mitarbeitende in der Lebensmittelindustrie (Bäcker·innen, Konditor·innen, Fleischer·innen etc.)
- Handelsmitarbeiter·innen (Verkäufer·innen etc.)
- Gastronomie-Mitarbetier·innen (Kellner·innen, Barkeeper·innen, Köch·innen etc.)
- Bauarbeiter·innen (Elektriker·innen, Maurer·innen, Spengler·innen etc.)
- Pflege und Gesundheit (Altenpflege, Gesundheitspflege etc.)
Diese Übersicht deckt eine Auswahl wichtiger Blue-Collar-Berufsgruppen ab. Aufgrund der Breite ist es kaum möglich, die Berufsgruppen in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Einer Studie des Instituts für deutsche Wirtschaft (IW) zufolge befinden sich sehr viele dieser Berufe auf der Liste der Engpassberufe hinsichtlich des Fachkräftemangels, die aktuell in diesen Bereichen vorliegt.¹ Besonders die Pflege, die Bauelektrik oder die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik weisen dabei einen besonders starken Engpass auf.
Blue Collar Recruiting
Aufgrund der vielfach schwierigen Lage am Arbeitsmarkt gewinnt auch das Recruiting von Blue-Collar-Arbeitskräften zunehmend an Bedeutung – insbesondere deshalb, weil dieser Bereich in der Vergangenheit oftmals vernachlässigt wurde. Blue Collar Recruiting ist dabei als eine Form der Personalbeschaffung zu verstehen, die sich auf das Suchen und Finden von Mitarbeitenden aus genau diesen Berufsgruppen beschäftigt.
Wie Blue-Collar-Mitarbeitende Jobs suchen
Dabei ist es besonders wichtig, die Bedürfnisse dieser Zielgruppe bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitenden stets im Hinterkopf zu behalten. Dazu zählt insbesondere die Art und Weise, wie Blue-Collar-Mitarbeitende nach Jobs suchen. Eine Studie aus dem Jahr 2020 konnte hierbei feststellen, dass mehr als zwei Drittel der Befragten Online-Jobbörsen als wichtigsten Kanal für die Job-Suche erachten. Dahinter liegen Zeitungen mit (46 %) und die eigenen Karriereseiten der Unternehmen mit 25 %.²
Eine weitere Studie aus 2021 wiederum zeigte, dass für die Bewertung eines Arbeitgebers etwa die (Karriereseite)Website 71,8 %, der persönliche Eindruck im Vorstellungsgespräch (66,9 %) oder Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie kununu (56,9 %) eine wichtige Rolle spielen.³ Mit Blick auf die bevorzugten Bewerbungsmöglichkeiten ist das Online-Formular die beliebteste Lösung (84,7 %), aber auch die klassische Bewerbung per E-Mail (81,3 %) oder eine Kurzbewerbung mit wenigen Fragen (80 %) sind für Fachkräfte attraktiv. Zudem zeigt sich, dass auch moderne Möglichkeiten, wie eine One-Click-Bewerbung aus Netzwerken wie XING (62,9 %) oder das Bekunden erstes Interesses via WhatsApp (40,4 %), durchaus gefragt sind.
Auch das proaktive Unterbreiten von Job-Angeboten (auch Active Sourcing genannt) durch das Unternehmen trifft bei Fachkräften auf Interesse. Demnach geben nur 13,9 Prozent der Befragten einer Studie aus 2021 an, die Möglichkeit, dass sich ein Unternehmen bei ihnen bewirbt, nicht nutzen zu wollen – 55,2 % würden die Möglichkeit nutzen, 30,9 % sagen vielleicht.
Folgen für das Blue Collar Recruiting
Daraus ergeben sich vielfältige Ableitungen für das Blue Collar Recruiting. Als Unternehmen sollten Sie folglich auf jenen Kanälen Präsenz zeigen, auf denen Blue-Collar-Arbeitskräfte unterwegs sind – das sind im beruflichen Kontext vorrangig Job-Börsen, mit Blick auf das private Nutzungsverhalten aber auch soziale Medien wie Facebook, Instagram & Co. Zudem sollten Sie sich mit den Bewerbungsmöglichkeiten an den Bedürfnissen der Blue-Collar-Zielgruppe orientieren. Das bedeutet, dass Sie ein Online-Bewerbungsformular anbieten sollten, am besten mit der Möglichkeit, sich auch von mobilen Endgeräten aus zu bewerben.
Talente, die über ein Profil auf XING und Co verfügen, sollten die Möglichkeit haben, sich mit nur einem Klick auf die Stellenanzeige zu bewerben. Zudem dürfte auch WhatsApp als Bewerbungskanal in Zukunft weiter an Relevanz gewinnen. Darüber hinaus sollten Sie auch Arbeitgeber-Bewertungsportale wie kununu sowie Ihre Karriere-Seite im Recruiting-Prozess mitdenken. Studien belegen, dass sich Blue-Collar-Mitarbeitende häufig auf diesen Kanälen informieren – hier sollten Sie als Arbeitgeber einen guten Eindruck machen!
Schlussendlich zeigt sich, dass Blue-Collar-Fachkräfte durchaus Interesse haben, proaktiv Stellenangebote unterbreitet zu bekommen. Dem können Sie als Unternehmen durch gezieltes Active Sourcing begegnen. Übrigens: Auch das sogenannte High-Volume Recruiting wird im Blue-Collar-Segment häufig angewandt – nämlich immer dann, wenn sehr viele ähnliche Positionen zu besetzen sind.
Recruiting in unterschiedlichen Berufsgruppen
Zusammen mit forsa haben wir eine repräsentative Umfrage unter 1.736 Berufstätigen zu den Bedürfnissen unterschiedlicher Berufsgruppen im Recruiting durchgeführt. Im Whitepaper finden Sie die Ergebnisse.
Was Sie außerdem im Blue Collar Recruiting beachten sollten
Neben der Auswahl der richtigen Kanäle und passender Bewerbungsmöglichkeiten im Blue Collar Recruiting sollten Sie als Unternehmen außerdem darauf achten, Blue-Collar-Mitarbeitende mit den richtigen Argumenten zu überzeugen. So zeigt sich, dass das Vorgesetztenverhalten, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie das Gehalt die wichtigsten Faktoren für Mitarbeiterbindung darstellen⁴ – und deshalb bereits bei der Stellenanzeige thematisiert werden sollten. Die Integration der Gehaltsspanne ist deshalb in der Stellenanzeige durchaus sinnvoll. Ganz besonders interessant ist derzeit die 4-Tage-Woche, mit der Sie sich als Arbeitgeber gezielt von Ihrer Konkurrenz abheben können. Diese Maßnahme erlaubt zudem eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
Blue Collar Recruiting – Zusammenfassung
Zusammenfassend zeigt sich also, dass Sie im Blue Collar Recruiting auf folgende Aspekte setzen sollten:
- Einen gezielten Kanal-Mix – allen voran natürlich auf die passenden Online-Kanäle.
- Passende Bewerbungsmöglichkeiten, wie etwa einer One-Click-Bewerbung oder mobile Bewerbungsmöglichkeiten
- Möglicherweise auf gezielte Active-Sourcing-Maßnahmen, um Blue-Collar-Mitarbeitenden aktiv Job-Angebote zu unterbreiten
- Arbeitgeber-Bewertungsplattformen und Ihre Karriereseite in eine nahtlose Candidate Journey miteinzubeziehen
- Gezielte Maßnahmen auf sozialen Netzwerken, um Blue-Collar-Mitarbeitende auch im privaten Kontext zu erreichen
- Die richtigen Werte, Faktoren bei der Arbeitgeberwahl und Benefits zu kommunizieren, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden
Blue Collar – Fazit
Blue-Collar-Mitarbeitende meinen die Berufsgruppen der überwiegend körperlich arbeitenden Menschen und sind dementsprechend von den White-Collar-Arbeitskräften, den primär am Schreibtisch und im Büro arbeitenden, abzugrenzen. Der Begriff Blue Collar deckt dabei ein breites Spektrum an Berufsgruppen ab, die verschiedene Qualifikationen und Hintergründe aufweisen können.
Eine Vielzahl dieser Berufsgruppen sieht sich in den vergangenen Jahren immer stärker mit dem Fachkräftemangel konfrontiert, was eine Intensivierung des Blue Collar Recruitings notwendig macht. Hier ist es essenziell, sich auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe zu fokussieren, auf den richtigen Kanälen präsent zu sein und eine ganzheitliche Candidate Journey zu bieten.
¹ https://www.iwkoeln.de/studien/helen-hickmann-filiz-koneberg-die-berufe-mit-den-aktuell-groessten-fachkraefteluecken.html
² Jobufo & mobilejob, Jobsuche von Fah- und Arbeitskräften, 2020.
³ meinestadt.de, Fachkräftereport, 2021.
⁴ meinestadt.de, Fachkräftereport, 2021.