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Wie archiviert man Bewerberdaten rechtssicher?

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Die rechtssichere Archivierung von Bewerberdaten bedeutet, dass Sie Bewerbungsunterlagen nach klaren gesetzlichen Vorgaben speichern, aufbewahren und löschen. Die DSGVO, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geben den rechtlichen Rahmen vor. Sie müssen Bewerberdaten so verarbeiten, dass Datenschutz gewährleistet ist und Löschfristen eingehalten werden. Gleichzeitig schützt eine ordnungsgemäße Archivierung Ihr Unternehmen vor rechtlichen Risiken.

Was bedeutet rechtssichere Archivierung von Bewerberdaten?

Rechtssichere Archivierung bedeutet, dass Sie Bewerbungsunterlagen nach den Vorgaben der DSGVO, des AGG und des BetrVG verarbeiten und aufbewahren. Sie dokumentieren dabei jeden Schritt im Bewerbermanagement Prozess transparent und nachvollziehbar.

Die DSGVO bildet die zentrale Grundlage für den Datenschutz im Recruiting. Sie verpflichtet Unternehmen zur Datenminimierung und Zweckbindung. Das bedeutet konkret: Sie dürfen nur Daten erheben, die für die Stellenbesetzung relevant sind. Die Speicherung ist nur so lange erlaubt, wie ein berechtigtes Interesse besteht.

Das AGG spielt eine wichtige Rolle bei der Aufbewahrung. Es schützt Talente vor Diskriminierung und räumt ihnen ein Beschwerderecht ein. Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen Bewerbungsunterlagen aufbewahren, um sich im Streitfall gegen Diskriminierungsvorwürfe verteidigen zu können.

Der Unterschied zwischen aktiver Verarbeitung und Archivierung ist wichtig. Während der aktiven Verarbeitung nutzen Sie die Daten für Auswahlentscheidungen. Bei der Archivierung speichern Sie sie nur noch zu Nachweiszwecken. Die Daten sind dann nicht mehr aktiv im Bewerbermanagement Prozess eingebunden.

Warum ist das relevant? Verstöße gegen Datenschutzvorgaben können teuer werden. Bußgelder nach DSGVO erreichen schnell fünfstellige Beträge. Dazu kommen mögliche Schadensersatzforderungen von Talenten. Eine rechtssichere Archivierung schützt Sie vor diesen Risiken und zeigt Ihre professionelle Arbeitsweise.

Wie lange dürfen Sie Bewerbungsunterlagen aufbewahren?

Nach der DSGVO dürfen Sie Bewerbungsunterlagen grundsätzlich maximal sechs Monate nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens aufbewahren. Diese Frist gilt für abgelehnte Bewerbungen und orientiert sich an der zweimonatigen Klagefrist nach dem AGG plus einem angemessenen Puffer.

Die konkreten Aufbewahrungsfristen unterscheiden sich je nach Szenario:

  • Abgelehnte Bewerbungen: Maximal sechs Monate nach der Absage
  • Zurückgezogene Bewerbungen: Sofortige Löschung möglich, aber sechs Monate sind zulässig
  • Initiativbewerbungen: Sechs Monate, wenn keine Einwilligung zur längeren Speicherung vorliegt
  • Erfolgreiche Bewerbungen: Überführung in die Personalakte mit längeren Aufbewahrungsfristen

Die 6-Monats-Regel hat einen praktischen Hintergrund. Nach dem AGG können Talente innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Absage Klage wegen Diskriminierung einreichen. Die zusätzlichen vier Monate geben Ihnen Zeit für die Vorbereitung einer möglichen Verteidigung.

Es gibt eine wichtige Ausnahme: Mit ausdrücklicher Einwilligung der Talente dürfen Sie Daten länger speichern. Das ist besonders für Talentpools relevant. Die Einwilligung muss freiwillig sein, und die Talente müssen sie jederzeit widerrufen können. Dokumentieren Sie diese Einwilligungen sorgfältig.

Bei tatsächlichen AGG-Klagen verlängert sich die Aufbewahrungsfrist automatisch. Sie dürfen und müssen die Unterlagen dann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aufbewahren. Das kann mehrere Jahre dauern. Nach Abschluss des Verfahrens beginnt die normale Löschfrist.

Welche Bewerberdaten müssen Sie wann löschen?

Sie müssen alle Bewerberdaten löschen, sobald die Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist und kein berechtigtes Interesse mehr besteht. Die Löschpflicht umfasst alle Formate: E-Mails, PDF-Dokumente, Notizen, Datenbanken und physische Unterlagen.

Vollständige Löschung bedeutet, dass die Daten unwiederbringlich entfernt werden. Bei digitalen Daten reicht es nicht, sie in den Papierkorb zu verschieben. Sie müssen sie aus allen Systemen und Backups entfernen. Bei physischen Unterlagen nutzen Sie einen Aktenvernichter oder beauftragen einen zertifizierten Entsorgungsdienstleister.

Alternativ zur Löschung können Sie Daten anonymisieren. Dabei entfernen Sie alle personenbezogenen Informationen, sodass keine Rückschlüsse auf die Person möglich sind. Anonymisierte Daten fallen nicht mehr unter die DSGVO. Sie dürfen sie für statistische Auswertungen nutzen.

Die praktische Vorgehensweise für verschiedene Datenformate:

  • E-Mails: Löschen Sie Bewerbungs-E-Mails aus allen Postfächern und dem Papierkorb
  • PDF-Dokumente: Entfernen Sie alle Dateien von Servern, lokalen Rechnern und Cloud-Speichern
  • Datenbanken: Löschen Sie Datensätze vollständig oder anonymisieren Sie sie
  • Physische Unterlagen: Vernichten Sie Papier-Bewerbungen datenschutzkonform
  • Notizen und Protokolle: Entfernen Sie handschriftliche Aufzeichnungen und digitale Notizen

Sie sind verpflichtet, die Löschung zu dokumentieren. Halten Sie fest, wann Sie welche Daten gelöscht haben. Diese Nachweispflicht schützt Sie bei Kontrollen durch Datenschutzbehörden. Ein einfaches Löschprotokoll mit Datum und Art der gelöschten Daten genügt.

Talentpools sind ein Sonderfall. Hier benötigen Sie eine ausdrückliche Einwilligung der Talente zur längeren Speicherung. Informieren Sie transparent darüber, wie lange Sie die Daten speichern und wofür Sie sie nutzen. Geben Sie den Talenten die Möglichkeit, ihre Einwilligung jederzeit zu widerrufen. Prüfen Sie regelmäßig, ob die gespeicherten Profile noch aktuell sind.

Wie organisieren Sie die Archivierung praktisch im Recruiting-Alltag?

Eine praktische Organisation der Bewerberdaten-Archivierung beginnt mit klaren Prozessen und automatisierten Systemen. So stellen Sie sicher, dass keine Fristen übersehen werden und alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind.

Richten Sie automatisierte Löschfristen ein. Moderne Bewerbermanagementsysteme bieten diese Funktion standardmäßig. Das System markiert Bewerbungen automatisch zur Löschung, sobald die Aufbewahrungsfrist abläuft. Sie erhalten eine Erinnerung und können die Löschung mit einem Klick bestätigen.

Erstellen Sie ein Erinnerungssystem für manuelle Prozesse. Wenn Sie noch mit E-Mail-Bewerbungen oder physischen Unterlagen arbeiten, nutzen Sie Kalendereinträge oder Aufgabenlisten. Tragen Sie für jede Absage einen Termin sechs Monate später ein. So behalten Sie den Überblick.

Die Strukturierung Ihrer Ablagesysteme ist wichtig:

  • Digitale Unterlagen: Legen Sie für jede Stelle einen eigenen Ordner an mit Unterordnern für aktive Bewerbungen und archivierte Absagen
  • Physische Unterlagen: Nutzen Sie beschriftete Ordner mit dem Archivierungsdatum auf dem Rücken
  • E-Mails: Erstellen Sie Unterordner im E-Mail-Postfach nach Stellen und Status
  • Datenbanken: Kennzeichnen Sie Datensätze mit einem Löschdatum-Feld

Dokumentieren Sie alle Einwilligungen zur längeren Speicherung sorgfältig. Halten Sie fest, wann Sie die Einwilligung eingeholt haben, für welchen Zweck und wie lange die Speicherung erfolgen soll. Bewahren Sie die Einwilligungserklärungen separat auf.

Bewerbermanagementsysteme nehmen Ihnen viel Arbeit ab. Ein professioneller Bewerbungsmanager automatisiert den gesamten Bewerbermanagement Prozess und sorgt für rechtssichere Archivierung. Das System speichert alle Bewerbungen zentral, setzt automatische Löschfristen und dokumentiert alle Vorgänge DSGVO-konform. Sie sparen Zeit und minimieren rechtliche Risiken.

Schulen Sie Ihr Recruiting-Team regelmäßig. Alle Beteiligten müssen die Datenschutzvorgaben kennen und im Alltag umsetzen. Erstellen Sie eine kurze Checkliste mit den wichtigsten Punkten zur Bewerberdaten-Archivierung. So arbeiten alle nach dem gleichen Standard.

Prüfen Sie Ihre Prozesse mindestens einmal jährlich. Haben sich gesetzliche Vorgaben geändert? Funktionieren Ihre automatisierten Systeme zuverlässig? Gibt es Verbesserungspotenzial? Eine regelmäßige Überprüfung hält Ihre Archivierung auf dem aktuellen Stand.

Die rechtssichere Archivierung von Bewerberdaten schützt Ihr Unternehmen und zeigt Respekt gegenüber den Talenten. Mit klaren Prozessen, automatisierten Systemen und einem professionellen Bewerbermanagementsystem meistern Sie diese Herausforderung im Recruiting-Alltag. So konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche: die besten Talente für Ihr Unternehmen zu finden.