Für immer mehr Unternehmen stellt Sales-Recruiting eine Herausforderung dar. Vertriebstalente sind branchenübergreifend gefragt, gleichzeitig herrscht in diesem Berufsfeld eine hohe Wechselbereitschaft. In diesem fordernden Umfeld braucht es gezielte Strategien, um nachhaltig die richtigen Talente im Sales zu rekrutieren. Wir haben bei XING Insiderin und Recruiting-Expertin Nicole Truchseß nachgefragt, worauf es heute wirklich ankommt.
Inhalt
Sales-Recruiting: Die Grundlagen schaffen
Um Sales-Recruiting zielgerichtet betreiben zu können, muss man zunächst einmal verstehen, welche unterschiedlichen Profile in diesem Segment tätig sind. Viel zu divers sind nämlich die unterschiedlichen Berufsfelder, die sich hinter dem Begriff verbergen: Da wären etwa Hunter (zuständig für die Eröffnung von Verkaufsgelegenheiten) und Farmer (zuständig für die Pflege und den Ausbau von Bestandskund·innen) oder Key-Account-Manager·innen, die allesamt gänzlich andere Anforderungen an Unternehmen und das Recruiting mitbringen.
Unterscheidung Farmer und Hunter | |
Hunter | Farmer |
Hunter sind für die Eröffnung von Verkaufspotenzialen zuständig und gehen dabei direkt auf potenzielle Kund·innen zu. Sie zeichnet Ehrgeiz & eine ausgeprägte Ergebnisorientierung aus. In der Regel sind sie risikofreudiger und lehnen administrative Tätigkeiten eher ab. | Farmer sind eher für die Pflege und den Ausbau von Kundenbeziehungen zuständig. Sie sind sehr beziehungs- und serviceorientiert. In der Regel sind sie eher harmoniegetrieben, haben gleichzeitig mehr Offenheit für administrative Aufgaben. |
Rollen-Profile klar definieren
Im ersten Schritt ist es dementsprechend essenziell, intern klare Rollen-Profile zu definieren und die damit verbundenen Erwartungen zu klären. Im Anschluss daran können Sie konkretisieren, nach wem Sie eigentlich suchen. Stellen Sie sich also vorab diese Fragen:
- Welche Tätigkeiten soll diese Rolle später erfüllen?
- Welche Art von Person suchen Sie?
- Mit welchen Systemen wird das Talent arbeiten?
„In zu vielen Betrieben herrscht unzureichend Klarheit darüber, was von Mitarbeitenden im Sales eigentlich erwartet wird. Diese schwammige Rollen-Definition macht es ungemein schwer, die richtigen Talente zu identifizieren – und erhöht auch das Risiko, dass es zu Fehlbesetzungen kommt.“
Ist die Rolle definiert, muss diese in einen Job-Titel übersetzt werden, der auch am Arbeitsmarkt geläufig ist. Im Sales kursieren verschiedenste Bezeichnungen für ähnliche Tätigkeiten. Arbeiten Sie beispielsweise mit Google Trends oder hören Sie in Ihre Organisation, um festzustellen, welche Begriffe in dieser Berufsgruppe geläufig sind. So können Sie sicherstellen, dass Ihr gewählter Stellentitel auch die richtigen Menschen anspricht.
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Motivationssysteme klären
Ein essenzieller Bestandteil im Recruiting von Sales-Expert·innen sind die Belohnungs- und Motivationssysteme im Betrieb. Das bekannteste Beispiel dafür sind Provisionszahlungen je nach Verkaufsleistung. Bevor also erfolgreiches Sales-Recruiting betrieben werden kann, müssen diese Motivationssysteme intern geklärt werden. Denn nur so können Sie am Arbeitskräfte-markt ein attraktives Angebot bewerben. Folgende Motivatoren sind im Sales am bekanntesten:
- Provisionsmodelle: Leistungsbezogene Vergütung je nach Vertriebsleistung
- Titelstrukturen und Karrieremodelle: Entwicklungsperspektiven im Unternehmen
- Teambezogene Faktoren: Attraktives Arbeitsumfeld und Team-Gefüge
- Technische Strukturen: Moderne Software und Hardware für Komfort
- Etwas älter: Firmenauto
„Auch klassische Benefits des Unternehmens können Motivatoren sein. Grundsätzlich braucht es ein attraktives Gesamtpaket, in dem eine leistungsbezogene Vergütung und entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten definitiv eine Kernrolle spielen”, betont Nicole Truchseß.
Sales-Recruiting: So gelingt die praktische Umsetzung
Sind die Rahmenbedingungen im Unternehmen geschaffen – die Rollenverständnisse geklärt und Motivationssysteme definiert –, können Sie mit dem klassischen Sales-Recruiting-Prozess starten. Dieser setzt sich aus etablierten Methoden und Prozessschritten der Personalgewinnung zusammen – weist gleichzeitig aber auch einige Besonderheiten auf. In der Regel können Sie zwischen diesen Phasen unterscheiden:
- Aufmerksamkeit für Stelle schaffen und Kontakte herstellen
- Bewerbende qualifizieren und Eignung überprüfen
- Finaler Auswahlprozess und Einstellungsentscheidung
- Übergang ins Pre-Onboarding, um direkt mit Mitarbeiterbindung zu starten
„Entlang des gesamten Prozesses zählt im Sales-Recruiting besonders die Geschwindigkeit und Wertschätzung. Mitarbeitende in diesem Bereich wollen wertgeschätzt werden – zumal sie häufig von mehreren Unternehmen gleichzeitig angesprochen werden. Schnell und wertschätzend zu agieren, ist hier eine Grundvoraussetzung für den Erfolg”, sagt die Spezialistin Nicole Truchseß.
1) Aufmerksamkeit für Stelle schaffen
Die klassische Stellenanzeige ist nach wie vor ein bewährtes Instrument im Sales-Recruiting. Besonders, wenn diese auch auf Social Media verbreitet wird, können Sie damit gute Erfolge erzielen. Daneben empfiehlt es sich besonders, auch in die direkte Ansprache über Plattformen wie XING zu gehen. Hier können Sie spannende Talente identifizieren – und haben eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit in einer Branche, in der die Wechselmotivation grundsätzlich hoch ist.
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Im Active Sourcing können Sie auch nach Talenten suchen, die aktuell noch gar nicht in der Branche beschäftigt sind. Für Sales sind vorrangig Persönlichkeitsmerkmale entscheidend – hier ist also durchaus Potenzial für einen Quereinstieg gegeben. Dabei sind Events und Messen häufig auch ein sehr interessanter Ort, um mit potenziellen Kandidat·innen ins Gespräch zu kommen.
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2) Bewerbende qualifizieren und Eignung überprüfen
Vor allem die Eignungsprüfung ist ein komplexes Unterfangen im Sales-Recruiting. Vergangene Erfolge können oftmals schwer überprüft werden. Zudem gibt es keine klassische Ausbildung im Sales: Es braucht also ein gutes Gespür, um gute Sales-Mitarbeitende zu identifizieren. Geht es nach Nicole Truchseß, sollten hier verschiedene Instrumente zum Einsatz kommen, um die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Personalentscheidung zu erhöhen:
- Rollenspiele: Setzen Sie auf spontane Rollenspiele. Gute Sales-Manager·innen können auf diese Situation reagieren.
- Persönlichkeitstest: Gute Hunter, gute Farmer: Sie alle bringen gewisse Persönlichkeitsmerkmale mit, um erfolgreich zu sein. Mit Persönlichkeitstests oder ähnlichen Assessments bekommen Sie ein tiefergehendes Gespür für Ihr Gegenüber.
- Challenges: Eine gewisse Gamification im Prozess mit Herausforderungen, die auf eine Eignungsprüfung abzielen, kann ebenfalls äußerst interessant sein. Denn Sie schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie halten Bewerbende bei der Stange – und überprüfen nebenbei auch die Eignung für Ihre offene Position.
- Cultural Assessments: Ein gutes Sales-Team ist vor allem eines: ein gutes Team. Umso wichtiger ist es, dass Sie auch die kulturelle Eignung und den Fit ins Team als Teil des Recruiting-Prozesses betrachten.
„Recruiter·innen haben im Bewerbungsprozess auch die Aufgabe, Kandidat·innen für das Unternehmen und die zu verkaufende Dienstleistung bzw. das Produkt zu begeistern. Denn diese ist nicht selten ein ganz wesentlicher Motivationstreiber für Mitarbeitende im Sales.“
Nicole Truchseß, Geschäftsführerin Truchseß & Brandl
3) Finaler Auswahlprozess und Eignungsentscheidung
Hier gibt es eigentlich keinen Unterschied zum typischen Recruiting-Prozess. Am Ende Ihrer Qualifizierung entscheiden Sie sich für die Bewerbenden, die Sie am meisten überzeugt haben. Wichtig ist nur, dass Sie auch hier weiterhin auf Schnelligkeit setzen: Auch gegen Ende bleibt das Risiko eines Absprungs akut. Sobald Sie das Gefühl haben, eine Person passt gut in Ihr Team, sollten Sie für einen schnellen Abschluss des Recruiting-Prozesses sorgen.
4) Übergang ins Pre-Onboarding
Der Vertrag ist unterzeichnet? Herzlichen Glückwunsch! Schon jetzt aber geht es im Sales-Recruiting darum, erste Schritte zur langfristigen Mitarbeiterbindung einzuleiten. Bleiben Sie dran, setzen Sie auf regelmäßigen Austausch, laden Sie künftige Mitarbeitende schon vorab zu Treffen ein. Oder bieten Sie bereits vor dem ersten offiziellen Arbeitstag Materialien (Online-Kurse, Schulungsmaterialien) an, um sich gut vorzubereiten. Auch nach Vertragsunterzeichnung bleibt das Risiko erhalten, dass Kandidat·innen noch attraktive Gegenangebote bekommen. Mit einem attraktiven Pre-Onboarding-Prozess reduzieren Sie die Gefahr, dass Sie spät im Prozess noch Absagen bekommen.
Sales-Recruiting – Fazit
Sales-Recruiting ist eine Disziplin, die stark von den Grundlagen lebt, die Sie vorab in Ihrer Organisation schaffen. Das gilt vor allem für die Belohnungssysteme – sowohl monetärer als auch nicht-monetärer Art – als auch die Strukturen im Unternehmen. Zudem ist es essenziell, klare Rollen zu definieren, um Kandidat·innen mit den richtigen Argumenten anzusprechen. Sales ist ein sehr breites Feld. Für verschiedene Rollen werden teilweise höchst unterschiedliche Menschen gesucht. Im Sales-Recruiting-Prozess selbst zählt dann vor allem eines: Geschwindigkeit. Und eine zielgerichtete Auswahl der richtigen Profile für Ihre Position. Die Tipps in diesem Artikel helfen Ihnen dabei.