Im Recruiting treffen Sie permanent Entscheidungen. Und bei vielen dieser Entscheidungen können Ihnen sogenannte Beurteilungsfehler unterlaufen. Denn trotz klar definierter Verfahren und Kriterien für Ihre Personalbeschaffungen können Ihre Einschätzungen durch unbewusste Verzerrungen und subjektive Wahrnehmungen beeinflusst werden. In diesem Glossar-Beitrag erfahren Sie, was Beurteilungsfehler sind, welche typisch sind und wie Sie diese vermeiden können. So gestalten Sie Ihren Auswahlprozess fairer und effizienter.
Das Wichtigste in Kürze:
- Beurteilungsfehler: Fehleinschätzungen durch unbewusste Verzerrungen oder subjektive Wahrnehmungen
- Arten: Wahrnehmungsverzerrung, Maßstabsprobleme, kognitive Fehler, bewusste Verfälschungen
- Folgen: Fehlbesetzungen, Kosten, Verlust von Vielfalt, negative Auswirkungen auf Employer Brand
- Vermeidung: Strukturierte Interviews, Schulungen, Feedback-Kultur, Zeitmanagement
Inhalt
Beurteilungsfehler: Die Grundlagen
Beurteilungsfehler sind im Wesentlichen Fehleinschätzungen eines bestimmten Sachverhaltes oder einer Person durch einen beurteilende·n Akteur·in. Die Fehleinschätzung entsteht durch den Beurteilungsfehler. Typisch ist hier etwa, dass gewisse Aspekte zu stark gewichtet werden oder eine subjektive Bewertung eine neutrale Beurteilung verzerrt. Häufig findet hierbei eine verzerrte Wahrnehmung einer Situation statt, die dem Beurteilungsfehler zugrunde liegt.
Gründe für Beurteilungsfehler: Wie entstehen sie?
In der komplexen Welt, in der wir heute leben, helfen uns fixe Denkmuster und Vorurteile, Situationen schnell zu erfassen. Unser Gehirn kann gar nicht anders. Doch dieser erste Eindruck kann auch einmal täuschen. Und so können Fehleinschätzungen, auf denen ein Beurteilungsfehler basiert, durch eben diese unbewussten Vorurteile (auch Biases gennant), stereotypen Denkmuster oder subjektiven Wahrnehmungen verursacht werden. Anstatt einen Sachverhalt oder eine Person (ausschließlich) nach objektiven Kriterien zu bewerten, fließen subjektive Elemente in die Einschätzung ein.

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Arten von Beurteilungsfehlern
Die Gründe für diese nicht zutreffenden Einschätzungen können variieren. Es hat sich etabliert, Beurteilungsfehler in vier Kategorien einzuteilen. Diese Arten sind demnach typisch:
- Wahrnehmungsverzerrung
- Maßstabsprobleme
- Kognitive Probleme
- Bewusste Verfälschung
Schauen wir uns diese Arten von Beurteilungsfehlern genauer an:
Art des Beurteilungsfehlers | Definition |
Wahrnehmungsverzerrung | Unbewusste Verzerrungen in der Wahrnehmung die zu subjektiven Urteilen führen |
Maßstabsprobleme | Unklare oder inkonsistente Bewertungskriterien, die ungleiche Maßstäben verursachen. Zu strenge oder zu milde Beurteilungen folgen . |
Bewusste Verfälschung | Beurteilungen werden absichtlich verzerrt, um persönliche Ziele zu erreichen, wie z. B. eine Bevorzugung oder Benachteiligung. |
Kognitive Probleme | Denkfehler und mentale Abkürzungen, die eine objektive Bewertung von Informationen beeinflussen. |
Wahrnehmungsverzerrung
Wahrnehmungsverzerrungen entstehen, wenn die Beurteilung durch subjektive und unbewusste Wahrnehmungen beeinflusst wird. Diese resultieren oft aus kognitiven Abkürzungen, die unser Gehirn nutzt, um Informationen schnell zu verarbeiten. Diese mentalen „Shortcuts“ führen zu einer selektiven Wahrnehmung und Interpretation von Informationen, die nicht immer zutreffend ist.
Maßstabsprobleme
Maßstabsprobleme treten auf, wenn mehrere Beurteilende unterschiedliche Standards und Kriterien für den gleichen Sachverhalt anlegen. Aufgrund der unterschiedlichen Maßstäbe kommt es zu inkonsistenten und ungleichen Bewertungen. Diese treten auf, wenn es keine klaren Vorgaben und Richtlinien zur Beurteilung gibt.
Kognitive Probleme
Kognitive Probleme verursachen Beurteilungsfehler, wenn Denkmuster oder die bereits erwähnten „mentale Abkürzungen“ die Informationsverarbeitung und Bewertung beeinflussen und damit eine objektive Wahrnehmung verhindern. Dadurch können Sachverhalte oder Personen fehlerhaft beurteilt werden. Wenn man mit einer Informationsflut konfrontiert ist, oder sich unter Zeitdruck befindet, können kognitive Probleme besonders häufig auftreten.
Bewusste Verfälschung
Dieser Beurteilungsfehler unterscheidet sich von den anderen Arten: Denn dieser geht nicht auf unterbewusste Prozesse zurück. Hier wird im klaren Bewusstsein gehandelt! Insofern versteht man unter bewussten Verfälschungen die absichtliche Verzerrung von Bewertungen. Das kann zum Beispiel geschehen, um eine persönliche Agenda zu verfolgen – aus Eigeninteresse, Sympathie oder auch Antipathie.
Beurteilungsfehler im Recruiting
Es ist offensichtlich, dass solche Beurteilungsfehler einen enormen Einfluss auf Ihre Personalbeschaffung haben können. Immerhin beurteilen Sie jede·n Bewerber·in objektiv auf die bestmögliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle. Wer hier nicht aufmerksam ist, bei dem schleichen sich schnell Beurteilungsfehler in die Prozesse ein. Das führt dazu, dass Kandidat·innen nicht ausschließlich nach ihren Fähigkeiten und Qualifikationen bewertet werden, sondern auch nach für die Stelle irrelevanten Faktoren. Die Folge: Sie bewerten sie besser bzw. schlechter als Sie es eigentlich sollten.

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Folgen von Beurteilungsfehlern
Die Folgen von Beurteilungsfehlern betreffen jedoch nicht nur Ihren Recruiting-Prozess. So können diese in allen Disziplinen des Personalwesens auftreten und damit das ganze Unternehmen beeinflussen. Das sind die wichtigsten Konsequenzen, die aus Fehleinschätzungen für Ihr Unternehmen entstehen können:
- Fehlbesetzungen
- Opportunitätskosten
- Ineffiziente Personalentwicklung
- Verminderte Zufriedenheit der Mitarbeiter·innen
- Negative Auswirkungen auf Ihre Employer Brand
- Verlust von Vielfalt
Fehlbesetzungen
Beurteilungsfehler können zu Fehleinstellungen führen. Recruiter·innen bewerten Kandidat·innen nicht treffend, sodass der·die Falsche eingestellt wird. Das hat gleich weitreichende Folgen: verschlechterte Leistungsfähigkeit des Teams, erhöhte Kosten durch zusätzliche Schulungen oder eine Wiederaufnahme der Stellenbesetzung.
Opportunitätskosten
In der Betriebswirtschaft spricht man in diesem Zusammenhang gerne von Opportunitätskosten. Also den Kosten, die dadurch entstehen, dass Sie sich für eine potenziell schlechtere Alternative entschieden haben. In diesem Fall entstehen diese Kosten durch die verminderte Leistungsfähigkeit im Vergleich zur·zum eigentlich bestgeeignetsten Kandidat·in.
Ineffiziente Personalentwicklung
Ungenaue oder fehlerhafte Beurteilungen von Mitarbeitenden stellen ein enormes Problem für die Entwicklung des Personalstands Ihres Unternehmens dar. Wird der Ist-Zustand nicht richtig erfasst, ist es nur sehr schwer, die richtigen Maßnahmen zur Weiterentwicklung Ihrer Mitarbeitenden zu identifizieren. Die Folge: Das Potential Ihrer Kolleg•innen wird nicht ausgeschöpft!
Verminderte Zufriedenheit der Mitarbeiter•innen
Unzutreffende Beurteilungen können das Vertrauen Ihrer Mitarbeiter•innen in die Fairness und Transparenz der Personalentscheidungen und damit ins gesamte Unternehmen untergraben. Dies führt zu Unzufriedenheit, geringerer Motivation und einer verringerten Arbeitsmoral Ihres Personals, was wiederum die Leistung und das Betriebsklima gesamter Teams negativ beeinflussen kann.
Natürlich kann hieraus auch eine gesteigerte Fluktuationsrate resultieren – mit weitreichenden (wirtschaftlichen) Folgen für Ihren Betrieb.
Negative Auswirkungen auf Ihre Employer Brand
Spricht sich erstmal rum, dass Ihr Unternehmen zu fehlerhaften Bewertungen tendiert, kann das sich schnell zum Problem für Ihre Employer Brand werden. Ein derartiges Image kann Ihre Chancen, neue Talente zu gewinnen, massiv verschlechtern, da Sie als ungerechter Arbeitgeber wahrgenommen werden.
Verlust von Vielfalt
Beurteilungsfehler wie Stereotype und Vorurteile können ohne Einschreiten zu einer homogenisierten Belegschaft führen. Bewerber·innen, die nicht dem „typischen“ Profil entsprechen, werden nicht in Betracht gezogen oder benachteiligt. Dies reduziert die Meinungs- und Erfahrungsvielfalt Ihrer Belegschaft, was sich langfristig negativ auf Innovations- und Problemlösungsfähigkeiten Ihres Unternehmens auswirken kann.
Sonderfall Vorstellungsgespräch: Augen auf!
Insbesondere das Vorstellungsgespräch ist anfällig für Beurteilungsfehler. Denn hierbei handelt es sich um eine Situation, die Beurteilungsfehler geradezu provoziert: Begrenzte Zeit zur Beurteilung, bei gleichzeitiger hoher Informationsdichte führen dazu, dass Recruiter·innen unbewusst auf kognitive Abkürzungen zurückgreifen. Der erste Eindruck sitzt nicht? Schnell befindet sich der·die Bewerber·in in einer Schublade. Ist dies geschehen, ist es schwer, sich von dieser Wahrnehmung zu lösen – auch, wenn Signale auf eine andere Einschätzung hindeuten.
Dementsprechend wichtig ist es, sich in der Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch der Beurteilungsfehler bewusst zu sein. Sich selbst einen Überblick über typische Beurteilungsfehler zu verschaffen, ist der erste Schritt, um künftigen Verzerrungen vorzubeugen. Wir empfehlen ferner eine Sensibilisierung aller am Recruiting-Prozess Beteiligter – beispielsweise auch Ihrer Hiring-Manager·innen. Zudem könnten strukturelle Elemente – wie der Einsatz strukturierter Interviews – die Wahrscheinlichkeit von Fehleinschätzungen reduzieren.
Beispiele für Beurteilungsfehler
Um zu verstehen, welche Beurteilungsfehler auf Sie zutreffen könnten, ist es notwenig, einen Überblick über die konkreten Fehlerquellen zu haben. Dabei lassen sich die Beurteilungsfehler einer der bereits oben betrachteten Arten zuordnen: Wahrnehmungsverzerrung, Maßstabsprobleme, Kognitive Probleme, Bewusste Verfälschung. Wie Beurteilungsfehler kategorisiert werden, sehen Sie in der folgenden Grafik. Im Anschluss nehmen wir die unterschiedlichen Beispiele für Beurteilungsfehler nochmal genauer unter die Lupe:

Halo-Effekt
Beim Halo-Effekt wirkt sich ein einzelnes positives Merkmal (z. B. gutes Aussehen oder Eloquenz) auf die Bewertung weitere Eigenschaften Ihrer Bewerber·innen aus. Das positive Merkmal strahlt auf die weitere Bewertung ab, sodass andere Eigenschaften besser bewertet werden, als sie es objektiv betrachtet sind.
Halo-Effekt vermeiden
Um den Halo-Effekt zu vermeiden, können Sie mit Verhaltensankern arbeiten: Das sind Indikatoren für die Erscheinungsart eines bestimmten Kriteriums. Verhaltensanker weisen also daraufhin, wie eine bestimmte Eigenschaft erkannt werden kann. Indem Sie für Ihre Bewertungskriterien spezifische Verhaltensanker verwenden und diese mit Skalen von “stark ausgeprägt” bis “nicht ausgeprägt” versehen, haben Sie für jedes Bewertungskriterium einen Richtwert zur Orientierung. So überstrahlt eine einzige Eigenschaft nicht die weiteren Eigenschaften der zu beurteilenden Person.

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Nikolaus-Effekt
Tritt der Nikolaus-Effekt oder auch Recency-Effekt ein, werden Beurteilungen stark von den jüngsten Ereignissen oder Leistungen beeinflusst, während frühere Leistungen vernachlässigt werden. Das liegt an unserem Gedächtnis, bei dem junge Eindrücke präsenter sind als bereits lang vergangene.
Primacy-Effekt
Im Falle des Primacy-Effekt dominiert der erste Eindruck die Beurteilung. Deshalb wird er auch First-Impression-Effekt genannt. Nachfolgende Informationen werden daraufhin für die Einschätzung weniger stark gewichtet.
Primacy & Nikolaus-Effekt vermeiden
Um den Primacy- und Nikolaus Effekt zu verhindern, sollten Sie zunächst ein Bewusstsein schaffen, dass diese Ihr Urteil beinträchtigen können. Gleichzeitig ist es hilfreich in Situationen, in denen Sie beurteilen, fortlaufend Notizen zu machen. Dabei kann Ihnen z. B. ein bereits vorgefertigter Beurteilungsbogen helfen, der den Verlauf des gesamten Gespräches abbildet. So wird halten Sie allen Phasen und Momente des Gespräches gleichermaßen fest und Gewichten weder den Anfang noch das Ende über.
Kleber-Effekt
Der Kleber-Effekt ist besonders für langjährige Mitarbeiter·innen eine Gefahr: Frühere Bewertungen bleiben regelrecht an einem kleben, da diese als Blaupause für weitere Bewertungen herangezogen werden. Das Entwicklungspotential der Mitarbeitenden wird damit verkannt.
Kleber-Effekt umgehen
Der Kleber-Effekt lässt sich vermeiden, indem Sie über die vergangenen Beurteilungen hinausgehen. Wo sieht die beurteilte Person selbst ihr Entwicklungspotential? Wie schätzt Sie die aktuellen Leistungen ein? Wie werden beide Kriterien von Ihren MItarbeitenden beurteilt, die (im Idealfall) bisher kein Bild von der Person haben? Damit entwickeln Sie ein aktuelles Bild der Person unabhängig von vorherigen Einschätzungen.
Hierarchie-Effekt
Beim Hierarchie-Effekt nimmt der Status bzw. die Hierarchiestufe der zu bewertenden Person Einfluss auf die Wahrnehmung. Personen mit hohem Status werden automatisch besser bewertet, unabhängig von ihrer tatsächlichen Leistung.
Dem Hierarchie-Effekt erfolgreich begegnen
Um dem Hierarchie-Effekt zu begegnen, bietet es sich an, ein sogenanntes 360 Grad Feedback zu nutzen. Dabei beziehen Sie Feedback aus unterschiedlichen Hierarchiestufen ein: von Kolleg·innen die sich auf einer niedrigeren Hierarchiestufe, auf der gleichen Hierarchiestufe und auf einer höheren Stufe befinden. Das gleich mögliche Hierarchie-Effekte aus.
Lorbeer-Effekt
Werden frühere Erfolge auf die aktuelle Leistung übertragen, so kann man vom Lorbeer-Effekt sprechen. Die bereits (auch zurecht) verdienten Lorbeeren beeinflussen also weiterhin die Wahrnehmung, auch wenn aktuelle Leistungen nicht den früheren entsprechen.
Halo-Effekt umgehen
Ähnlich wie beim Halo-Effekt bietet es sich auch hier an, mit Verhaltensankern innerhalb eines klaren Bewertungsschemas zu arbeiten. Nehmen Sie dabei Bezug auf die aktuellen Leistungen. Hier bietet es sich an genau festzulegen, welcher Bewertungszeitraum gilt. So können Sie sicherstellen, dass vergangene Erfolge außerhalb der Bewertung bleiben.
Andorra-Effekt
Der Andorra Effekt wird durch sogenannte selbsterfüllende Prophezeiungen verursacht: Dabei passt sich das Verhalten der bewerteten Person immer mehr an das über sie getroffene Urteil und die damit einhergehenden Erwartungen an. Auch, wenn die Person gar nicht ist, wie sie wahrgenommen wird, passt sie sich dieser immer mehr an.
Dem Andorra-Effekt begegnen
Um den Andorra-Effekt zu verhindern, gilt es die eigene Erwartungshaltung an die zu bewertende Person immer wieder neu zu hinterfragen. Gleichzeitig ist es sinnvoll, die Eigeninitiative zu fördern, indem Sie persönliche Ziele der zu bewertenden Person abfragen. So können Sie Ihre eigene Erwartungshaltung anhand mit der persönlichen Erwartungshaltung der betroffenen Person abgleichen.
Tendenz zur Mitte
Hier tendieren Beurteilende dazu, extreme Bewertungen zu vermeiden. Stattdessen wird dazu geneigt, Bewertungen im „mittleren Bereich“ zu vergeben, unabhängig von tatsächlichen Leistungen. Sie tendieren zur Mitte.
Tendenz zur Strenge
Wie der Name bereits vermuten lässt, neigen hier Beurteilende zu systematisch strengeren Bewertungen. Selbst bei guten Leistungen.
Tendenz zur Milde
Nun ist es genau umgekehrt: Hier neigen Beurteilende zu systematisch guten Bewertungen. Auch, wenn die Leistungen es nicht rechtfertigen.
Tendenz zur Mitte, Strenge & Milde umgehen
Auch die Tendenz zur Mitte, bzw. zur Strenge und Milde lassen sich mit Verhaltensankern vermeiden: Versehen Sie Ihre Bewertungskriterien und die dazugehörigen Skalen mit Verhaltensbeispielen. Das liefert klare Orientierung wie ein bestimmtes Verhalten einzuordnen ist.
Sympathie- & Antipathie-Effekt
Hier haben persönliche Sympathie bzw. Antipathie direkten Einfluss auf das Urteil einer Person. Anstatt nach Qualifikation zu bewerten, wird beim Sympathie- & Antipathie-Effekt nach persönlichem Empfinden geurteilt.
Sympathie- & Antipathie-Effekt aushebeln
Hier gilt es, einen Rahmen zu schaffen, der objektive Bewertungen fördert: Nutzen Sie dafür strukturierte Interviews mit klar vorgegebenen Bewertungskriterien. So wird jede Person unter den gleichen Faktoren betrachtet. Auch hier bietet es sich an, auf das Vier-Augen-Prinzip zurückzugreifen. Indem mindestens zwei Bewertende eine Einschätzung anhand der festgelegten Kriterien vornehmen, können Sie über Diskrepanzen in der Bewertung mögliche Sympathie- & Antipathie-Effekte aufdecken.
Vorurteile und Stereotype
Dieser Beurteilungsfehler entsteht auf Basis bereits bestehender Meinungen oder Stereotypen der bewertenden Person. Anstatt dass die individuelle Leistung bewertet wird, beeinflussen Geschlecht, Alter, Herkunft oder z. B. auch Religion das Urteil.
Beurteilung als Mittel zum Zweck
Im letzten Beispiel für einen Beurteilungsfehler werden Bewertungen durch die bewertende Person bewusst manipuliert, um so eine eigene Agenda zu verfolgen. Die persönliche Ziele stehen im Vordergrund: wie etwa die Förderung oder Benachteiligung der·des bewerteten Kolleg·in.
Beurteilung als Mittel zum Zweck
Persönlich motivierte Bewertungen lassen sich mit Transparenz auffangen. So sollte der Bewertungsbogen nicht nur von der urteilenden Person einsehbar sein. Gleichzeitig ist es wichtig, Bewertungen mit Begründungen in Form von Beispielen aussagekräftig zu machen. So werden Entscheidungen nachvollziehbar und es wird schwerer, Bewertungen für andere Zwecke zu instrumentalisieren.
Beurteilungsfehler vermeiden
Es ist offensichtlich, wie vielfältig und auch subtil Beurteilungsfehler sein können. Die Bedeutung dieser für die diversesten Personalentscheidungen darf dementsprechend nicht unterschätzt werden. Es stellt sich also die Frage: Wie können Beurteilungsfehler vermieden werden?
Beurteilungsfehler bewusst machen und erkennen
Im ersten Schritt gilt es, sich zunächst der potentiellen Beurteilungsfehler bewusst zu machen. Welche gibt es und wie wirken sie sich auf das eigene Urteilsvermögen aus? Und sich auch einzugestehen: Ja, jedem kann ein solcher Fehler unterlaufen! Sind Sie sich der grundsätzlichen Gefahr bewusst, sind Sie auch in der Lage, Ihre eigene Wahrnehmung auf Beurteilungsfehler hin zu untersuchen und gegebenenfalls welche zu erkennen.

Beurteilungsfehler durch optimale Vorstellungsgespräche umgehen
Erfahren Sie im Leitfaden, wie Sie perfekte Bewerbungsgespräche planen und damit Fehleinschätzungen vermeiden – Fragenkatalog inklusive!
6 Tipps und Tricks zum Vermeiden von Wahrnehmungsverzerrungen
Sich nur einer Fehlerquelle bewusst zu sein, reicht jedoch von Zeit zu Zeit nicht aus, um diese zu verhindern. Und so ist es auch in diesem fall sinnvoll Vorkehrungen zu treffen. Diese sechs Tipps und Tricks beugen Wahrnehmungsverzerrungen vor:
- 1) Strukturierte Interviews und standardisierte Bewertungskriterien
- 2) Schulungen
- 3) Mehrere Beurteilende einbinden
- 4) Eigene Urteile hinterfragen
- 5) Feedback-Kultur
- 6) Zeitmanagement für Bewertungen

1) Strukturierte Interviews und standardisierte Bewertungskriterien
Nutzen Sie strukturierte Interviews mit festgelegten Fragen, die für alle Ihre Bewerber·innen gleich sind. Legen Sie für jede der Fragen klare Bewertungskriterien fest. Dadurch erhöhen Sie die Vergleichbarkeit Ihrer Bewerber·innen und verringern die Möglichkeit einer subjektiven Einflussnahme durch die bewertende Person.
In unserem Beitrag finden Sie Tipps und Tricks zur Durchführung strukturierter Interviews.
2) Schulungen
Schulen Sie Ihre beurteilenden Akteure regelmäßig zu den verschiedenen Arten von Beurteilungsfehlern und machen Sie sie auf die eigenen unbewussten Verzerrungen aufmerksam. Das hält das Bewusstsein für Beurteilungsfehler aktiv. Dafür können Sie externe Partner engagieren und beziehungsweise oder auf internes Wissen Ihrer Mitarbeitenden zurückgreifen. Stellen Sie das hier geteilte Wissen auch in Form von Fact Sheets oder Videos bereit. So können alle jederzeit darauf zurückgreifen.
3) Mehrere Beurteilende einbinden
Indem Sie mehr als nur ein Urteil zur Bewertung einer Person heranziehen, verringern Sie die Gefahr eines Beurteilungsfehlers. Stichwort Vier-Augen-Prinzip! Nicht nur können Sie durch die Vielfalt an Perspektiven, potenzielle Verzerrungen ausgeglichen, das Urteil wird auch aussagekräftiger. In der Praxis kann ein Bewerbungsgespräch zum Beispiel von einem Hiring Manager und Recruiter oder auch mit der verantwortlichen Führungskraft gemeinsam durchgeführt werden.
4) Eigene Urteile hinterfragen
Um Beurteilungsfehler zu vermeiden, ist es wichtig, die eigenen Werturteile immer wieder zu hinterfragen. Hab ich das wirklich zutreffend wahrgenommen? Habe ich mich von Vorurteilen leiten lassen? Hier ist auf jeden Fall Selbstkritik gefragt! Auch hier ist es sinnvoll eine Art Fact-Sheet mit Wertekompass zu erstellen, der Ihren Unternehmenswerten entspricht. Das bietet einen guten Bezugspunkt, um die eigenen Werte zu reflektieren.
5) Feedback-Kultur
Tauschen Sie sich mit Ihren Kolleg·innen zu Ihren jeweiligen Wahrnehmungen und Bewertungen aus. Das gilt nicht nur für bewertende Kolleg·innen – tauschen Sie sich auch mit den bewerteten Kolleg·innen oder auch Bewerbenden aus. Ist das Urteil zutreffend gewesen? Das bietet immer wieder die Möglichkeit, eigene Perspektiven zu hinterfragen und so mögliche Verzerrungen aufzudecken. Wichtig hier: eine ehrliche und ungeschönte Feedback-Kultur.
6) Zeitmanagement für Bewertungen
Vermeiden Sie Beurteilungen unter hohem Zeitdruck. Bedeutet: nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um die Informationen über Ihre Bewerber·innen zu prüfen. Damit stellen Sie sicher, dass sich aus Zeitdruck unbewusste Wahrnehmungsfehler einschleichen. Gleichzeitig ist es sinnvoll, sich nach einem durchgeführten Bewerbungsgespräch anschließend Zeit zu blocken, um die Eindrücke direkt festzuhalten. So kommen sich im Nachhinein nicht in die Bredouille, wenn der·die nächste Kandidat·in bereits auf sie wartet und die Erinnerungen nach weiteren Gesprächen nicht mehr ganz so frisch sind.
Fazit
Abschließend lässt sich festhalten: Beurteilungsfehler lauern überall und jederzeit. Das ist nicht überraschend, bedenkt man die Informationsflut unserer komplexen Welt. Unser Gehirn versucht trotz dieser Tatsache, zu einem Urteil zu kommen. Dabei bedient es sich an bereits bekannten Mustern und Perspektiven. Diese können sich, wie nun klar ist, aber auch als falsch herausstellen: Ein Beurteilungsfehler tritt ein.
Insbesondere für Personalentscheider·innen hat diese Erkenntnis eine hohe Relevanz, schließlich werden hier ständig Urteile über andere Personen getroffen. Dass diese zutreffend sind, ist für den Erfolg eines Unternehmens zentral. Wie Sie Beurteilungsfehlern entgegenwirken können, hat dieser Beitrag aufgezeigt.
FAQs zu Beurteilungsfehlern
Welche Arten von Beurteilungsfehlern gibt es?
Es gibt unterschiedliche Arten an Beurteilungsfehlern: Wahrnehmungsverzerrungen wie der Halo-Effekt, Maßstabsprobleme wie die Tendenz zur Milde oder Strenge, sowie kognitive Fehler wie der Primacy- oder Nikolaus-Effekt. Auch bewusste Verfälschungen und Stereotype gehören zu den Beurteilungsfehlern.
Was sind Beispiele für Beurteilungsfehler?
Es gibt zahlreiche Beispiele für Beurteilungsfehler: der Halo-Effekt, bei dem die Gesamtbewertung durch ein positives Merkmal dominiert wird. Der Lorbeer-Effekt, bei dem vergangene Erfolge auf die aktuelle Leistungsbewertung übertragen werden oder auch der Primacy-Effekt, bei dem der erste Eindruck stark in die Gesamtbewertung einfließt.
Wie lassen sich Beurteilungsfehler vermeiden?
Beurteilungsfehler lassen sich durch klar definierte Verfahren und Bewertungskriterien wie z. B. innerhalb eines strukturierten Interviews vermeiden. Gleichzeitig ist der Austausch mit Kolleg·innen und eine ehrliche Feedback-Kultur zu den eigenen Urteilen wichtig um Wahrnehmungsverzerrungen aufzudecken.
Was ist der Nikolaus-Effekt?
Der Nikolaus-Effekt beschreibt die Tendenz, jüngste Leistungen stärker zu gewichten als ältere Ergebnisse. Dies kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der Gesamtleistung einer Person führen – auch bei der Beurteilung von Lebensläufen kann dies problematisch sein.
Was ist der Lorbeer-Effekt?
Der Lorbeer-Effekt bezeichnet die Neigung, frühere Erfolge oder gute Leistungen dauerhaft positiv zu bewerten, auch wenn die aktuelle Leistung nachlässt. Dies kann dazu führen, dass notwendige Veränderungen ignoriert werden und stagnierende Entwicklungen unbemerkt bleiben.
In welche drei Kategorien können Beurteilungsfehler eingeteilt werden?
Beurteilungsfehler lassen sich in Wahrnehmungsverzerrungen, Maßstabsprobleme und kognitive Probleme einteilen. Auch die bewusste Verfälschung zählt zu den Beurteilungsfehlern.
Welche Arten von Beurteilungsfehlern gibt es?
Zu den Beurteilungsfehlern zählen u. a. der Nikolaus-Effekt, der Lorbeer-Effekt, der Halo-Effekt, Sympathie- bzw. Antipathie-Fehler, der Primacy-Effekt und der Recency-Effekt.
Was tun gegen Beurteilungsfehler?
Was tun gegen Beurteilungsfehler?
Beurteilungsfehler können durch strukturierte Beurteilungssysteme mit klaren Kriterien, Training zur Fehlervermeidung, dem Vier-Augen-Prinzip und regelmäßigen Feedback-Gesprächen minimiert werden.